So, da bin ich dann mal wieder.
Nachdem ich schon vor einiger Zeit gefragt wurde, wann die Geschichte denn jetzt mal weitergeht, folgt hier nun ein kurzer Bericht über das abgelaufene Jahr 2024.
Es war traurig, ansprechend, teuer und nachdenklich.
Traurig, weil sich zu den beiden verstorbenen Senioren aus dem Frühjahr noch weitere vier Damen aus dem Leben verabschiedet haben. Darunter auch, recht überraschend, die Ehefrau des Seniors aus dem Frühjahr. Sie wurde krank, verlor den Lebensmut und starb dann ziemlich plötzlich.
Eine meine längsten Kundinnen "schaffte" es dann auch im Herbst, sich wieder zu ihrem Mann zu gesellen. Ihre Bestattung im Friedwald hat mich in meiner Ansicht bestätigt, warum ich mir mein Bäumchen schon länger ausgesucht habe. Nichts gegen konfessionelle Bestattungen, aber die die Ruhe und, wortwörtlich genommen, die friedliche Stimmung im Wald, war berührend.
Ebenfalls plötzlich durfte die Ehefrau eines Kunden sterben, den ich heute noch im Seniorenheim besuche. Sie war, obschon auch weit über die 90 hinaus, die Jüngere der Beiden, auch hier kam der Tod ziemlich unerwartet und ich konnte, urlaubsbedingt, auf ihrer Beerdigung nicht dabei sein.
Am meisten aber vermisse ich die Vierte im Bunde. Für mich das Bild einer der Frauen, die, zusammen mit ihrem Mann, nicht nur dieses Land nach dem Krieg wieder mit aufgebaut hat. Beide haben es, mit viel Fleiß, Disziplin, Umsicht und vielleicht ab und an auch mit ein wenig Glück, zu einem gewissen Wohlstand gebracht.
Ihre Geschichten aus der Kriegs- und Nachkriegszeit werde ich, auch wenn sie soviel nicht mehr hat erzählen können, nicht vergessen. Sie war das, was man, im positivsten Sinne der Worte als "zäh" und "hanseatisch" bezeichnen kann. Mit ebenfalls deutlich über 90 war sie, wenn es denn gerade ging, noch im Garten aktiv, kochte gerne und nahm insgesamt sehr rege am (aus unser beider Sicht) nicht so erfreulichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teil.
Das Berufsbild als Alltagsbegleiter bringt es naturgemäß mit sich, auch mit dem Tod konfrontiert zu werden. Das ist in jedem einzelnen Fall traurig, ich werde alle Verstorbenen sicher nicht vergessen. Aber, so abgedroschen wie der Satz klingt, so wahr ist leider auch: "Der Tod gehört zum Leben dazu."
Und das macht, auf die ein oder andere Art, dann auch immer wieder nachdenklich.
Nachdenklich in Bezug auf das eigene Leben und das mögliche Ende. Mit allem, was daran hängt. Heute stelle ich mit völlig andere Fragen, wie noch vor fünf Jahren.
Fragen wie "Wie lange werde ich in der jetzigen Wohnsituation bleiben können?", "Reicht die Rücklage für das Alter aus?", "Bleibe ich leidlich gesund?" oder "Werde ich bis zum Ende selbstbestimmt leben können?" stellen sich immer wieder. Aber die Beschäftigung damit soll einem zukünftigen Beitrag vorbehalten sein.
Was war sonst?
Wir waren nach sechs Jahren mal wieder im Urlaub. Jeweils eine Woche Wien und Prag. Beides ganz fantastische Städte.
Wenn ich es finanziell könnte, würde ich Wien als Altersruhesitz wählen. Nicht nur wegen des einmaligen kulinarischen Angebotes (Insbesonder "Kaiserschmarrn to go" ist zu erwähnen), das gesamte Umfeld ist einfach ganz gut für ältere Menschen gemacht. Zumindest gibt es reichlich Möglichkeiten, sich im Zentrum auch mal auszuruhen und die Versorgung mit Trinkwasser an öffentlichen "Zapfstellen" war im Sommer wirklich toll.
Gut, an jeder Ecke stoplert man zwangsläufig über "Sissi" und "Franzl", aber da kann man sich wohl dran gewöhnen. Alternativ gibt es ausreichend Museen und Galerien, die für andere Blickwinkel und Gedanken sorgen (können).
Prag ist völlig anders, das Essen ist auch lecker und das Bier stellenweise, vermutlich als Grundnahrungsmittel, preiswerter wie Wasser. Dafür gibt es weniger Sitzmöglichkeiten und so gut wie keine öffentlichen Brunnen.
Für mich herausragend waren drei Dinge: Zum einen das Hotel, etwas ausserhalb des Zentrums (zu Fuss und mit Öffis in etwa 15 Minuten zu erreichen). Neu, unglaublich nette und höfliche Mitarbeiter, ein tolles Frühstück und sogar mit privatem Parkplatz.
Das zweite ist der Blick von der Prager Burg auf die Stadt. Nicht zu beschreiben, einfach unglaublich. Gut, der St.-Veits-Dom steht dem nur wenig hintenan. Unglaublich, wie viel Geschichte man in einen so relativ engen Raum packen kann.
Am schönsten war für mich aber der Besuch des Antonin-Dvorak-Museums. Ich gestehe, dass er für mich einer der besten Komponisten überhaupt ist, bei mir auf einer Ebene mit Saint-Saens. Es war berührend, die gesammelten Exponate mit der dazu gehörenden Geschichte zu sehen, viel über sein Leben zu lesen und, natürlich, seine Musik zu hören.
In diesem Museum konnte ich einen Film über sein Leben und seinen Werdegang zumindest teilweise sehen, es hat mich tief berührt.
Alles in allem zwei wirklich schöne Wochen, allerdings auch eher kostenintensiv. Vorsichtig formuliert...
Was dann auch wesentlich mit der Rückfahrt zu tun hatte. Mein schwedischer "Kleinwagen" hatte dieses Jahr sehr viel Sehnsucht nach seiner Werkstatt. Angefangen bei der Inspektion im Frühjahr über einen defekten Simmering am Motor (führte zu sichtbarem Ölverlust) und dem, was während bzw. nach der Rückfahrt aus dem Urlaub geschah.
Irgendwie verlangte das Fahrzeug schon vor dem Urlaub, nach der Reperatur eines Simmerings, immer mal wieder nach Öl. Ohne dass ein Ölverlust visuell erkennbar war. Kurz vor dem Urlaub war ich noch in der Werkstatt um das prüfen zu lassen. Das Ergebnis war singemäß: "Machen sie sich keine Sorgen, ein wenig Öl darf er in dem Alter (immerhin stolze sieben Jahre) verbrauchen. Sie können bedenkenlos in den Urlaub."
Was wir dann auch taten. Also fahren. Auf der Hinfahrt brüllte uns das Auto zum ersten Mal an, "Öl bitte, einen Liter wenn es genehm ist."
Ich habe immer einen Liter an Bord, den bekam er dann auch. Um wenige hunderte Kilometer später wieder um Öl zu bitten. Wir hatten den Bordvorrat in Wien vorrausschauender Weise aufgefüllt.
Auf der Fahrt nach Hause, kurz vor Magdeburg, strahlte mich dann ein kleiner gelber Motor als Warnsymbol an. Die Übersetzung laut Anleitung war sinngemäß "Probleme im Abgasstrang". Nach Rückfrage in der Werkstatt fuhren wir nach Hause, von dort wurde der Wagen dann eingeschleppt.
Gut zwei Monate später war er dann endgültig wieder daheim. Den genauen Verlauf der Instandsetzung erspare ich mir an dieser Stelle, es würde den Rahmen kolossal sprengen.
Was definitiv gesprengt wurde, war mein Konto. Am Ende standen auf der Rechnung ein neuer Rumpfmotor mit neuen Kolben und Kolbenringen. Da es am Turbo erkennbar Russspuren gab, wurde auch der getauscht. Von den Bremsbelägen hinten spreche ich hier nicht, die fallen wegen Geringfügigkeit raus und hatten mit dem eigentlich Problem nichts zu tun.
Was bleibt ist die bittere Erkenntnis, dass von der ehemals bekannt guten Qualität und Langlebigkeit dieses schwedischen Autobauers unter chinesischer Regie nicht mehr bleibt. Sieben Jahre alt, 140.000 Kilometer gelaufen und dann Reparaturkosten im unteren fünfstelligen Bereich.
Meine Frage an den Hersteller war, warum ich mich beim nächsten Fahrzeugkauf wieder für eines mit diesem Markenlogo entscheiden solle. Die Antwort steht bis heute aus...
Aber es gab auch viel Erfeuliches. Gerade jetzt zum Jahresende gab es viele wertschätzende und positive Kommentare von meinen Senioren und deren Angehörigen. Der Tenor? "Schön dass sie da sind, es macht vieles so viel einfacher!"
Die rührendsten Worte bekam ich in einem längeren Text von einer meiner "jüngeren" Damen: Sinngemäß schrieb sie "Ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Dafür, dass sie da waren und da sind, wenn sie gebraucht werden. Und ich erweitere meinen Dank auf diejenigen Ihrer Menschen, die vielleicht selber nicht mehr in der Lage sind, dies zu formulieren. Was würden wir ohne sie tun?"
Da war er wieder, dieser Moment, der einen sprachlos, stolz und glücklich macht. Ganz kurz vor Weihnachten, abends auf dem Sofa, in aller Ruhe.
Nicht alles lief so in diesem Jahr, wie ich es mir gewünscht hätte. Von einer Familie musste ich mich trennen, sowohl um die Familie zu schützen aber auch, um nicht selber "unter die Räder" zu kommen. Verstanden habe sie es wohl nicht, leider. Andererseits gab es viele dieser kleinen Glücksmomente, wo sich "Kleinigkeiten" zu erfreuten Gesichtern und zufriedenen Menschen auswuchsen.
Um es also abzuschließen: Ich habe seinerzeit die richtige Entscheidung für mich getroffen. Das Jahr war insgesamt in vielen Momenten menschlich betrachtet einfach super. Finanziell war es halt eine Katastrophe, weitere Rücklagen für die Rentenzeit waren nicht drin.
Trotzdem bin ich tatsächlich zufrieden, die aktuellen Probleme werden sich hoffentlich gut lösen lassen.
Aber das ist eine andere Geschichte!